Das Blutdruckmedikament aus dem Schlangengift
ACE-Hemmer
Fasziniert von der stillen Jägerin
"Hüte dich vor der Schlange", flüsterte José. Der Plantagenarbeiter schnitt alte Äste von den Kaffeepflanzen und warf Sérgio Ferreira einen warnenden Blick zu. "Sie ist die Hüterin des Waldes. Wenn sie zubeißt, bleibt dein Blut stehen!"
"Sie sprechen von der brasilianischen Lanzenotter, der gefährlichsten Schlange Brasiliens!" erklärte der Besitzer der Kaffeeplantage Ferreira. "Sie verharrt stundenlang bewegungslos, bis ihr Opfer nahe genug ist. Schwach und blass sind die Gebissenen, als würde das Leben aus ihnen herausfließen. Mein Vater nannte die Otter den 'Fluch der Plantagen'."
Aber Sérgio Ferreira, ein studierter Pharmakologe, hütete sich nicht. Er war fasziniert von dem Gift, das offensichtlich Blutdruck und Blutgerinnung beeinflusste. Er ließ eine Schlange fangen und beschloss, das Toxin genauer zu untersuchen.
Die graubraune Schlange mit dem gezackten Muster zog ins Labor ein. Schlangenspezialisten "molken" die Schlange: Sie massierten die Giftdrüsen hinter den Giftzähnen, während die Schlange auf ein dünnes Gefäß biss. Das Gift floss so aus den Zähnen direkt in das Gefäß.
Ferreira entdeckte, dass Eiweißstoffe aus dem Schlangengift ein Enzym blockieren, das bei der Blutdruckregulierung eine Rolle spielt. Das Gift blockierte das Angiotensin-Converting-Enzyme, oder kurz ACE. Die glatte Gefäßmuskulatur entspannte sich, der Widerstand im Gefäßsystem sank. Ferreira erkannte das dieser Mechanismus Millionen Menschen, die durch zu hohen Blutdruck krank wurden, helfen konnte. Hohe Giftdosen, wie bei einem Schlangenbiss ließen den Kreislauf zusammenbrechen, geringe Dosen senkten erhöhten Blutdruck.
Der Fluch war gebrochen.
Doch die Eiweißstoffe im Schlangengift waren im menschlichen Körper nur sehr kurz haltbar. Forscher entwickelten auf Basis von Ferreiras Entdeckung eine synthetische Verbindung, die das ACE im menschlichen Körper blockiert. 1977 wurde das entwickelte Medikament Captopril schließlich zugelassen. Moderne ACE-Hemmer haben inzwischen eine Wirkdauer von 24 Stunden.
Die ACE-Hemmer brachten eine Revolution in der Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz. Sie senken den Blutdruck, verhindern Herzinfarkte und Schlaganfälle und schützen die Nieren. Sie entlasten das Herz bei Menschen mit Herzschwäche, verbessern die quälende Atemnot und verlängern das Leben dieser Patienten. Außerdem haben ACE-Hemmer eine entzündungshemmende Wirkung, die Gefäße und Herzgewebe schützt und das Fortschreiten der Gefäßverkalkung verlangsamen kann.
Auch heute noch sind ACE-Hemmer, wie Ramipril, Enalapril, Lisinopril oder Perindopril die Grundpfeiler der Blutdrucktherapie.
ACE-Hemmer-Husten, eine nicht seltene Nebenwirkung
Wissen sollte man, dass bei dieser Medikamentengruppe bei 5-20% der Menschen (je nach Studie und Wirkstoff) ein trockener Husten und ein Gefühl wie ein Krümel im Hals auftreten kann. Der Husten kann manchmal auch erst nach längerer Einnahmzeit auftreten. Bei Verdacht auf ACE-Hemmer-Husten sollte der ACE-Hemmer auf ein Sartan (siehe. unten) umgestellt werden. Nach zwei bis drei Wochen verschwindet "der Krümel im Hals" wieder.
ACE-Hemmer senken den Blutdruck, schützen die Niere, entlasten das Herz und verhindern Schlaganfälle und Herzinfarkte und verlängern so die Lebenserwartung.
Bei der ersten Einnahme kann der Blutdruck etwas stärker absinken. Deshalb solltest du bei der ersten Einnahme die empfohlene Startdosis nicht überschreiten, ausreichend trinken und dich bei Bedarf Hinsetzen oder Hinlegen und eine Pause machen. Die meisten Frauen vertragen die Startdosis gut.
- Ramipril: Startdosis: 2,5 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 10 mg (aufgeteilt in 1–2 Dosen)
- Enalapril: Startdosis: 5 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 40 mg (aufgeteilt in 1–2 Dosen)
- Lisinopril: Startdosis: 10 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 40 mg einmal täglich
- Perindopril: Startdosis: 5 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 10 mg einmal täglich
