Die Entwicklung des ersten Sartans

22.12.2025

Sartane (Angiotensin-II-Rezeptorblocker)

Sartane sind ebenfalls lang erprobte Blutdruckmedikamente, die die Gefäße weitstellen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Nierenversagen verringern und somit die Lebenserwartung verlängern.

Erst einige Zeit nach der Einführung des ACE-Hemmers Captopril fiel dem englischen Kardiologen Dr. Ball die Hauptnebenwirkung der ACE-Hemmers auf: Erstaunlich viele seiner Patienten, die Captopril einnahmen, klagten über trockenen Husten. Die Veröffentlichung dieser Nebenwirkung führte in der Pharmaindustrie zu einem Wettlauf um ein Medikament, das diese Nebenwirkung nicht verursachen würde.

Weißt du wie unser Blutdruck reguliert wird?

Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systme (RAS-Sstem)

Die Evolution kennt keinen Bluthochdruck – dieser tritt meist erst in höherem Alter auf, wenn wir unseren Nachwuchs großgezogen haben. Danach ist es der Evolution egal ob wir am hohen Blutdruck sterben oder gesund hundert Jahre alt werden.

Die Natur hat den Mechanismus zur Blutdruckregulation entwickelt, um Blutverlusten gegenzusteuern. Deshalb wandere mit mir 10 000 Jahre zurück in die Steinzeit, und sieh wie die Blutdruckregulation über das Renin-Angiotensin-System (RAS) funktioniert. Das RAS-Systhem hat garantiert vielen deiner Vorfahren das Leben gerettet.

Stell dir Mo, den Steinzeitjäger, vor. Er war es, der den Speer durch die dicke Haut direkt in das Herz des Mammuts gebohrt hatte. Die Sippe würde den ganzen Winter Fleisch haben. Doch das sterbende Tier, sich ein letztes Mal aufbäumend, hatte Mo eine große Wunde am Oberschenkel zugefügt. Der Schnee färbte sich rot, obwohl der Älteste eine Mammutsehne zur Blutstillung um Mos Oberschenkel band und die Wunde mit einem Kaninchenfell abdeckte, als die Blutung endlich stoppte. Die Frauen hatten befürchtet, dass Mo dem haarigen Riesen in die Geisterwelt folgen würde.

Bei einem großen Blutverlust sinkt der Blutdruck. Druckrezeptoren in der Niere bemerken den niedrigen Blutdruck, und die Niere schüttet das Hormon Renin aus. Jetzt läuft eine Kaskade an Reaktionen ab, um den Blutdruck schnell soweit zu heben, dass unser Gehirn keinen Schaden nimmt.

Das Renin in Mos Körper wandelt das Protein Angiotensinogen in Angiotensin I um.

Das in der Lunge gebildete Enzym ACE (Angiotensin-konvertierendes Enzym) wandelt Angiotensin I in Angiotensin II um (diesen Schritt hemmen übrigens die ACE-Hemmer und senken damit den Blutdruck).

Jetzt haben wir eine wirksame körpereigene Substanz: Angiotensin II verengt die Blutgefäße und hebt damit den Blutdruck an, sodass Mos Gehirn zügig trotz des Blutverlustes ausreichend durchblutet wird.

Aber das Angiotensin II hat auch eine langfristigere Wirkung: Angiotensin setzt Aldosteron in der Nebenniere frei.

Dadurch hält die Niere mehr Wasser und Salz zurück. So ist mehr Flüssigkeit in den Gefäßen, und der Blutdruck steigt und stabilisiert sich.

Zwei Stunden nach der Verletzung konnte Mo – zwar blass, aber auf einen Stock gestützt und mit Hilfe der anderen Männer – in die Höhle humpeln.

Das funktionierende RAS-System hatte Mos Leben nach dem gefährlichen Blutverlust gerettet.

Die Entwicklung des ersten Sartans

Forscher hatten bereits herausgefunden, wie die Blutdruckregulation und das RAS-Systhem des Körpers funktionierte.

Um ein Blutdruckmedikament zu entwickeln, das keinen Husten verursacht, wollte man einen Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker (AT-II-Blocker) entwickeln. Ein Forscherteam der Firma Merck & Co. versuchte jahrelang in einem Labor in Rahway, New Jersey, ein solches Medikament zu finden. Mehr als zehn Jahre lang testeten die Forscher verschiedene Moleküle. Die Zeit drängte, denn auch andere Firmen arbeiteten an der Entwicklung eines AT-II-Blockers.

Doch die anfangs getesteten Moleküle hatten nur eine schwache blutdrucksenkende Wirkung, weil sie entweder nicht stark genug an den Angiotensin-II-Rezeptor banden oder im Körper zu schnell abgebaut wurden. Mist.

Dann fanden die Forscher eine Substanz, die den Blutdruck gut senkte. Aber wieder ein Rückschlag: Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen! Die Substanz blockierte nicht nur den Angiotensin-II-Rezeptor, sondern auch andere Rezeptoren im Körper. Einige Moleküle führten auch zu einer stark erhöhten Herzfrequenz.

Immer wieder passten die Forscher die Molekülstruktur an.

Doch dann bei den Test der neuen Moleküle: Was für eine Überraschung! Hier war eine Testsubstanz, die den Blutdruck wunderbar senkte. Keiner hatte bei dieser Testsubstanz den Durchbruch erwartet.

Damit war die Entdeckung von Losartan letztlich ein Zufallsfund: Nach über zehn Jahren Forschung endlich ein Molekül, das die gewünschten Eigenschaften aufwies.

Nach Laborstudien und Tests an Tieren, die die Wirksamkeit und Sicherheit bestätigten, wurde Losartan in klinischen Studien am Menschen getestet. Das Medikament zeigte die erhoffte blutdrucksenkende Wirkung, ohne den für ACE-Hemmer typischen Husten auszulösen und ohne relevante andere Nebenwirkungen.

Losartan kam schließlich 1995 als erstes Sartan auf den Markt und begründete die Medikamentenklasse der Angiotensin-II-Rezeptorblocker, die bis heute eine wichtige Rolle in der Behandlung von Bluthochdruck spielt.

Die Wirkweise der Sartane ist der der ACE-Hemmer sehr ähnlich, weshalb man sie nicht kombiniert: Es wäre nur eine geringe zusätzliche blutdrucksenkende Wirkung zu erwarten.

Die heutigen Sartane

Die am häufigsten verwendeten Wirkstoffe sind Candesartan, Valsartan, Irbesartan, Telmisartan, Olmesartan und Losartan.

Auch bei der Anwendung von Sartanen sollte, speziell bei uns Frauen langsam gestartet werden.

  • Losartan: Startdosis: 50 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 100 mg (aufgeteilt in 1–2 Dosen)
  • Valsartan: Startdosis: 80 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 320 mg einmal täglich
  • Candesartan: Startdosis: 8 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 32 mg einmal täglich
  • Irbesartan: Startdosis: 150 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 300 mg einmal täglich
  • Telmisartan: Startdosis: 40 mg einmal täglich; Maximale Tagesdosis: 80 mg einmal täglich